Aus gegebenem Anlass habe ich die letzten Wochen und Monate viel darünber philosophiert und ausprobiert, wie ich Stress im Alltag reduzieren kann. Ich bin sicher nicht 24/7 Yoga-Lehrer-entspannt, aber ich habe einige Stellschrauben gefunden, mit denen man Stress und Druck reduzieren kann. Diese will ich im heutigen Post mit dir teilen.
1. Zeit-Tracking vermeiden
Viele Jahre lang war die beliebte App “Forest” mein treuer Begleiter. Die App sperrt dein Handy, während du lernst und pflanzt in der Zeit einen virtuellen Baum. Sehr süß, das gebe ich zu. Allerdings trackt die App auch die Stunden, in denen du lernst; bzw. in denen dein Handy gesperrt ist. Für Leute wie mich, die sich unverhältnismäßig viel an solchen kleinen Ziffern aufhängen, ist das Segen und Fluch zugleich. Anfangs war es für mich einfach nur eine Motivation, eine bestimmte Zeit zu erreichen. Vor einigen Monaten wurde diese “Nettolernzeit”, wie sie in Studygrammerkreisen gerne genannt wird, jedoch ein enormer Stressfaktor für mich.
Es war möglich, dass ich einen sehr produktiven Lerntag hinter mir hatte, an dem ich einiges wiederholt und verstanden hatte – aber gestresst war, weil auf der Uhr nur eine bestimmte Lernzeit stand. Ein klassischer Fall von Quantität vor Qualität.
Irgendwann hatte ich die Nase davon voll, meine Lernerfolge in solch wenig aussagekräftigen Zahlen zu messen – und habe die App deinstalliert. Seitdem bin ich viel entspannter.
Ich setze mir stattdessen Tagesziele, mit Inhalten, die ich an einem Tag verstehen will. Oder nutze Study-with-me-Videos auf Youtube, um mich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren. Das funktioniert auch sehr gut und stellt Lernqualität vor -quantität.

2. Bewusst Gesprächsthemen meiden
“Lass mal grade nicht drüber reden”, ist ein Satz, den ich eigentlich selten benutze. In den letzten Monaten, hört man ihn mich jedoch öfter sagen. Denn die sechs kleinen Wörtchen lassen sich sehr universell einsetzen (Lass mal grade nicht über [potenzielle Examensergebnisse/ Staatshaftungsrecht/ Nettolernzeiten/ Referendariatsplätze…] reden).
Ich unterhalte mich eigentlich gerne über das Studium (ich weiß, total überraschend für jemanden mit einem Blog darüber) aber bestimmte Themen lösen in mir momentan bestenfalls Stress, schlimmstenfalls Frust aus. Viele Dinge, über die in meinem Umfeld ständig geredet wird, kann ich derzeit einfach noch nicht abschätzen. Woher soll ich wissen, wo ich mein Referendariat mache, wenn ich noch nicht mal weiß, ob ich mein Examen bestehe? Viele dieser Entscheidungen sind von unglaublich vielen Faktoren abhängig; andere schon zigfach besprochen. Zu vielen Themen mache ich mir gerade ausgiebig selbst Gedanken – mache davon möchte ich bequatschen, über andere muss ich mir erst selbst Klarheit verschaffen.
Daher möchte ich an der Stelle wärmstens Empfehlen, die sechs Zauberwörter auch mal auszusprechen, wenn du ein Gesprächsthema rund ums Studium gerade nicht mehr hören kannst.
3. Ausgleich, Ausgleich, Ausgleich
One more time for the people in the back… Ausgleich ist alles. Dein Hirn, dein Körper und dein Umfeld werden es dir danken, wenn du regelmäßig Pausen und Abwechslung in deinen Alltag einbaust. Das kann alles sein: Lesen, Sport, Freunde, Familie, Ausflüge, Kino, Museum – die Möglichkeiten sind endlos. Ich bin regelmäßig überrascht, wie viel Motivation ich nach einem entspannten Wochenende habe und wie viel man in kurzer Zeit erleben kann.
4. Nicht alle Tipps befolgen (auch nicht meine)
Wenn ich jeden Ratschlag befolgen würde, den mir mein Umfeld in Bezug auf die Examensvorbereitung gegeben hat, bräuchte meine Woche 10 statt 7 Tagen. Karteikarten lernen, Rep vor- und nachbereiten, ganze Klausuren lösen, Teile von Klausuren lösen, Klausuren skizzieren, sich mit der Lerngruppe treffen, Mindmaps malen, Zeitungsartikel lesen, eigene Skripte schreiben, auf jeden Fall mit Lehrbüchern lernen, auf keinen Fall mehr mit Lehrbüchern lernen, Podcasts hören, Schemata vorm Schlafengehen wiederholen…
Das einzige, was gegen diese Flut an nett gemeinten – und teilweise auch wirklich hilfreichen – Ratschlägen hilft, ist: eine eigene Routine finden. Mir hat es sehr geholfen, in den ersten Monaten zu evaluieren, was gut für mich funktioniert und dann dabei zu bleiben. Klar modifiziere ich hin- und wieder ein paar Dinge, aber die Säulen meiner Lernroutine sind die selben. Wenn ich dann den vierzigsten Lerntipp bekomme, weiß ich, dass ich diesen nicht noch in meinen Lernalltag einbauen muss. Ich bin mir sicher, dass beim Lernen viele Wege nach Rom führen und jeder Studierende für sich rausfinden darf, was ihm oder ihr gefällt.
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