Keine Ahnung in der Klausur? 5 Tipps, um nicht ein leeres Blatt abzugeben

Kennst du das: Du hast in letzter Zeit ein bisschen zu sehr auf Lücke gelernt, oder dich so sehr gestresst, dass du in der Prüfung nichts mehr weißt? Dann trau dich, trotzdem in der Klausur sitzen zu bleiben. Mit diesen 5 Schritten, kannst du selbst aus der fiesesten Klausur noch etwas herausholen:

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1.Überblick verschaffen

Lies zunächst ein bis zwei Mal den Sachverhalt und mache dir ein paar Anmerkungen an den Rand. Was kommt dir bekannt vor? Wo könnten Problemschwerpunkte liegen? Ist es eine sogenannte Rennfahrerklausur, mit ganz vielen kleinen Problemen? Oder eine, bei der wenige Probleme sehr vertieft abgefragt werden?

2.Anknüpfungspunkte finden

Nachdem du dir einen groben Überblick verschafft hast, solltest du nach geeigneten Tatbeständen und Anspruchsgrundlagen suchen. Falls dir überhaupt keine sinnvolle Norm einfällt, wirf einen Blick ins Sach- oder ins Inhaltsverzeichnis – dort findet man erstaunlich leicht passende Normen.

Sobald du eine Norm gefunden hast, hangle dich an dieser entlang. Wenn dir kein Prüfschema dazu einfällt, leite eines aus den Bestandteilen des Paragraphen ab.

3.Probleme finden

Im nächsten Schritt gehst du auf Problemsuche. Im Durchschnitt haben Klausuren 2-3 Problempunkte (gelegentlich auch mehr oder weniger). Überlege, wo diese Probleme liegen könnten und ob dir dazu ein passender Streit einfällt.

Du kennst den Streit nicht? Kein Problem! Überlege, was juristisch Schwierigkeiten bereiten könnte und wo du ein Störgefühl hast (”Die Lösung wäre ungerecht, weil sie eine Partei extrem benachteiligt”, “Die Norm erfasst den Sachverhalt nicht, der aber ganz ähnlich gelagert ist”,…). Danach bildest du deinen eigenen Meinungsstreit, indem du darstellst, wo das Problem liegt und welche möglichen Lösungsansätze es gäbe.

4.Auslegungsmethoden anwenden

Die meisten Meinungsstreite, die man im Laufe des Studiums lernt, sind im Endeffekt nichts anderes, als die Anwendung der vier Auslegungsmethoden. Das kannst du für dich nutzen, indem du, wenn du einen Streit nicht kennst, ganz schematisch vorgehst:

  1. Was sagt der Wortlaut der Norm? (Hier hast du nicht viel Interpretationsspielraum, was im Gesetz steht ist nun einmal die Grenze. Selbst wenn dich der Wortlaut jedoch nicht weiterbringt, kannst du das in einer Klausur kurz darstellen.)
  2. Was verrät die Gesetzessystematik über die Norm? (Das ist schon etwas kniffliger. Du probierst hier, mithilfe der Stellung der Norm im Gesetz und mithilfe des Aufbau des Paragraphen, Schlüsse daraus zu ziehen, wie die Norm gemeint ist.)
  3. Was meinte der Gesetzgeber? (Bei der teleologischen Auslegungsmethode – meinem absoluten Favoriten – probierst du zu ergründen, was der Gesetzgeber sich wohl beim Verfassen der Norm gedacht hat. Dabei fragst du dich: Was ist eigentlich Sinn und Zweck dieses Paragraphen?)
  4. Was sagt die Geschichte? (Dieser Punkt ist zum Glück in der Regel nachrangig, weil von Studierenden nicht erwartet wird, jegliche Hintergründe zur Entstehung der Normen zu kennen. Falls du allerdings in einem konkreten Fall die Historie einer Norm kennst, kannst du sie in deine Auslegung einarbeiten).

5.Allgemeine Prinzipien verwenden

Neben den Auslegungsregeln, kennt jedes Rechtsgebiet allgemeine Prinzipien (die nicht unbedingt Wort für Wort im Gesetz stehen), mit denen man sich in Klausuren helfen kann. Hier ein paar Beispiele:

  1. Im Privatrecht herrscht grundsätzlich Privatautonomie, außerdem wird der Verbraucherschutz groß geschrieben. Wenn du nicht weißt, in welcher Reihenfolge du Paragraphen prüfen sollst, denke an die Eselsbrücke “Viel Quatsch schreibt der Bearbeiter” (vertragliche, quasivertragliche, sachenrechtliche (=dingliche), deliktische und bereicherungsrechtliche Ansprüche).
  2. Im Strafrecht herrscht Analogieverbot, Doppelbestrafung ist verboten, im Zweifel ist zugunsten des Angeklagten zu entscheiden, etc. Eine gute Argumentation in einem Meinungsstreit ist häufig die Frage nach der Entstehung von Strafbarkeitslücken.
  3. Im öffentlichen Recht müssen häufig mehrere Interessen abgewogen werden. In der Regel ein öffentliches gegen ein privates. Wichtige Grundsätze sind zum Beispiel der Vorbehalt des Gesetzes, der Vertrauensschutz des Bürgers und natürlich die Verhältnismäßigkeit. Auch Verfassungsnormen können häufig elegant in Argumentationen eingebaut werden.

Zu guter Letzt: Es ist immer besser, eine halbfertige Klausur abzugeben, als gar nichts. Im ersten Fall besteht immerhin die Möglichkeit, noch vier Punkte abzustauben. Wer nicht abgibt fällt immer durch. Falls du also am Morgen eines Klausurtages zögerst, ob du nicht zu schlecht vorbereitet bist: Geh unbedingt hin! Du hast nichts zu verlieren.

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