Vom ersten Semester bis zum Examen – wie läuft das Jurastudium ab?

Du hast gerade mit dem Jurastudium begonnen und hast trotz diverser Einführungsveranstaltungen keine Ahnung wie das Ganze jetzt abläuft? Oder du bist bereits im Hauptstudium und lebst immer noch von Tag zu Tag ohne einen richtigen Plan zu haben? Mit diesem Beitrag gibt dir unsere Autorin Sophia einen roten Faden an die Hand, damit du in Zukunft den Durchblick hast. 

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1. Die ersten Wochen als StudentIn

In den ersten Wochen gibt es neben dem aufregenden neuen Studentenleben auch ein paar organisatorische Dinge, die du erledigen solltest:

  • Immatrikulation abschließen (inklusive Zahlung des Semesterbeitrags)
  • Uni-Accounts aktivieren
  • Studien- und Prüfungsordnung lesen (ja, wirklich! Hier steht schon ganz viel Wertvolles drin, damit du den Überblick behältst)
  • Stundenplan erstellen (hierfür haben die meisten Unis Musterstudienpläne anhand derer du deinen perfekten Stundenplan erstellen kannst)
  • Herausfinden:

         •       Wie funktioniert die Kurs- und Klausuranmeldung?

         •       Gibt es Anmeldefristen für AGs, VKs oder Tutorien?

         •       Welche Leistungsnachweise sind Pflicht und was ist freiwillig?

2. Grundstudium (1.–4. Semester): Orientierung und Grundlagen

Im Grundstudium lernst du die Basics und legst damit ein wichtiges Fundament für dein Studium. Noch in der Examensvorbereitung oder schließlich in der Vorbereitung auf die mündliche Prüfung wird dir jeder sagen, dass es vor allem auf die Basics und ein gutes juristisches Handwerkszeug ankommt und da haben sie recht.

Inhalte typischerweise:

  • BGB AT, Schuldrecht AT
  • Grundrechte
  • Staatsorganisationsrecht
  • Strafrecht AT
  • Grundlagen des Rechts

Diese Inhalte erarbeitest du dir in den Vorlesungen und den dazugehörigen Arbeitsgemeinschaften (AGs) bzw. Vorlesungsbegleitenden Kolloquien (VKs).

Was du erledigen musst:

  • Kurse & AGs/VKs rechtzeitig anmelden 
  • Leistungsnachweise (Kleine Scheine) erwerben (meist durch Klausuren + Hausarbeiten)

Hier lohnt es sich mal bei Tutoren oder älteren StudentInnen nachzufragen, ob sie AG- oder VK-Leiter empfehlen können. Wenn du dich frühzeitig anmeldest, hast du es außerdem in der Hand, wann deine AG oder dein VK stattfindet und du schaffst es eventuell den Freitag oder Montag für ein langes Wochenende freizuhalten 😎

Zwischenprüfung:

Die Zwischenprüfung wird meist nach dem 3. oder 4. Semester relevant und besteht je nach Uni aus einer bestimmten Anzahl von Klausuren (und Hausarbeiten). An meiner Uni war der Begriff Zwischenprüfung damals z.B. etwas irreführend. Bei uns handelte es sich nicht um eine gesonderte Prüfung, sondern das Ergebnis der Zwischenprüfung setzte sich aus den Ergebnissen der Prüfungsleistungen der ersten vier Semester (Kleine Scheine und Grundlagenschein) zusammen. Auch hierfür lohnt sich wieder ein Blick in die Studien- und Prüfungsordnung deiner Uni.

3. Hauptstudium (5.-7. Semester): Vertiefung und Schwerpunkt

Inhalte typischerweise:

  • Schuldrecht BT
  • Sachenrecht
  • Verwaltungsrecht AT/BT
  • Strafrecht BT
  •  Schwerpunktbereich (z. B. Wirtschaftsrecht, Kriminologie, Europarecht)

Schwerpunktbereich: 

4. Examensvorbereitung: Der Endgegner

Wann anfangen?

  • realistisch ca. ab dem 6./7. Semester
  • Dauer: ca. 12-18 Monate (kann man sehr individuell gestalten)

Optionen:

Was jetzt wichtig ist:

  • Lernplan erstellen
  • Regelmäßig Probeklausuren schreiben
  • Stoff systematisch wiederholen

5. Anmeldung zum Staatsexamen: Formales nicht unterschätzen

Die Anmeldung zum Examen ist verbunden mit viel Papierkram und hier ist es von Vorteil, wenn man bereits während des Studiums alle wichtigen Unterlagen in einem Ordner sammelt und sich erinnert wo man damals das Abizeugnis verstaut hat.

Wann, wie, wo?

  • bis ca. 3 Monate vor den schriftlichen Examensprüfungen
  • meist auf Website des Justizprüfungsamtes (JPA) deines Bundeslandes veröffentlicht
  • in manchen Bundesländern kommt das JPA auch für einen Anmeldetermin vor Ort an die Uni
  • ansonsten postalische Anmeldung unter Zusendung des Antragsformulars und aller erforderlichen Unterlagen (Originale, die du verschickst bekommst du meist nach dem Examen wieder zurückgeschickt – vergewissere dich hierbei aber am besten bei deinem JPA)

Typischerweise benötigte Unterlagen:

  • Leistungsübersichten
  • Leistungsnachweise (Große Scheine, evtl. Fremdsprachen- oder Rhetorikschein)
  • Immatrikulationsbescheinigung
  • Schwerpunktnachweise (falls schon absolviert)
  • Nachweis über Praktika (hier legen die Prüfungsämter oft sehr penibel Wert auf die genaue Anzahl der absolvierten Praktikumstage. Beachte dies also bereits, wenn du dir nach den jeweiligen Praktika diese schriftlich bescheinigen lässt)
  • Abiturzeugnis
  • Tabellarischer oder sogar handschriftlicher Lebenslauf (dieser wird deinem Prüfer bei der mündlichen Prüfung vorgelegt)

6. Nach dem ersten Examen: Kurzer Ausblick

  • Referendariat (Zweites Staatsexamen)
  • Berufsstart
  • Promotion
  • LL.M.

Aber: Eins nach dem anderen 😉

Das Jurastudium wirkt oft chaotisch und unübersichtlich, ist aber mit dem richtigen Überblick gut zu strukturieren. Wer sich mit der Studien- und Prüfungsordnung auseinandersetzt, Fristen und Voraussetzungen im Blick behält und sich rechtzeitig Gedanken über das Examen macht, nimmt sich viel Stress. Wie so oft im Leben es ist außerdem gut, sich einfach mal mit anderen auszutauschen, die vielleicht schon etwas weiter im Jurastudium sind oder das Ganze schon hinter sich haben. 

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Fünf Dinge, die ich gerne vor meinem Jurastudium gewusst hätte

Falls du gerade deine Abiturprüfungen schreibst und nun überlegst, ob ein Jurastudium für dich in Betracht kommt, bist du hier genau richtig. 

Ich erzähle dir hier von einigen Dingen, die ich gern gewusst hätte, bevor ich mit Jura angefangen habe. 

  1. Die Studieninhalte sind nicht wie bei „Suits“

Was selbstverständlich klingt, wird von einigen AbiturientInnen – wie mir damals – leider oft vernachlässigt: Die Studieninhalte vor der Bewerbung um einen Studienplatz genau anzuschauen. Viele haben, wenn sie an Jura denken, bereits ein völlig falsches Bild vor Augen: „Jura ist trocken; man muss Gesetze auswendig lernen; später arbeitet man wie bei Suits oder How to get away with murder“. Das Studium ist aber überhaupt nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich hätte nicht gedacht, dass es so extrem theoretisch, dogmatisch und teilweise kleinkariert wird und dachte, dass man von Tag eins an in den Vorlesungen spannende Kriminalfälle bespricht. Es lohnt sich also, sich vor der Bewerbung ein wenig in BGB AT, Grundrechte oder Strafrecht AT hineinzulesen, weil das der tatsächliche Stoff sein wird, den man im ersten Semester lernt. 

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2. Das Studium ist länger, als du denkst

Ich dachte damals, dass man mit Jura bestimmt nach etwa fünf Jahren fertig sei. Das stimmte leider nicht so ganz. Das Hauptstudium dauert nach der Regelstudienzeit 9 Semester, realistisch sind jedoch im Durchschnitt 11,3 Semester – also etwa fünfeinhalb bis sechs Jahre. Dann wird das erste Staatsexamen geschrieben. Hiernach absolviert man ein zweijähriges Referendariat an unterschiedlichen Stationen (z.B. Gericht, Staatsanwaltschaft,..). Darauf folgt logischerweise das zweite Staatsexamen. Insgesamt ist man also, bis man tatsächlich VolljuristIn ist, durchschnittlich ca. siebeneinhalb bis acht Jahre in der Ausbildung. Wer gern lange studieren möchte, ist mit Jura gut beraten. Wer aber relativ schnell Geld verdienen möchte, muss hier eventuell noch einmal die Prioritäten überdenken. 

3. Jura hat eine eigene Sprache

Vor Antritt des Studiums war mir weiterhin nicht bewusst, dass man im Jurastudium fast ausschließlich im Gutachtenstil arbeitet. Alle Klausuren und Hausarbeiten werden nach einem bestimmten Muster verfasst: Obersatz, Definition, Subsumtion, Ergebnis. Was kompliziert klingt, ist eigentlich ziemlich nachvollziehbar, wenn man sich eine Beispielklausur anschaut. Es muss dir aber bewusst sein, dass du im Jurastudium normalerweise z.B. keine Essays schreibst und somit nicht dazu kommst, in Klausuren und Hausarbeiten deinen Gedanken und deinem Schreibstil freien Lauf zu lassen. Es gibt genaue Vorgaben für den Stil, den man einzuhalten hat, was sicherlich auf kreativ Schreibende und Denkende abschreckend wirken mag.

4. Hausarbeiten sind keine Aufsätze

Es ist nicht möglich, wie in anderen Studiengängen mithilfe von drei bis fünf Lehrbüchern eine ganze Hausarbeit innerhalb einiger Tage zu verfassen. Als Richtwert für eine Anfängerhausarbeit kann man ca. 20 Lehrbücher & Gesetzeskommentierungen und einige Aufsätze und Gerichtsurteile nehmen. Eine typische Bearbeitungszeit für eine Hausarbeit liegt bei ca. vier Wochen, inklusive genauester Recherche und Zitation, bei deren Nichtbeachtung es Punktabzug gibt. Wenn man sich aber einmal in das Thema Hausarbeit eingearbeitet hat, findet man sich auch hier gut zurecht. Formal und inhaltlich saubere Ausarbeitungen werden definitiv belohnt, sodass du in den Hausarbeiten oftmals bessere Punktzahlen als bei Klausuren erreichen kannst.

5. Ständig muss man Fälle lösen

Typische Klausuren (außer eventuell im Schwerpunktbereich) laufen niemals im Multiple-Choice-Format oder durch eine „offene Fragestellung“ ab. Wie in den Hausarbeiten liegt auch bei den Klausuren für die Bearbeitung ein Fall zugrunde, den du hier innerhalb von zwei Stunden zu lösen hast. Oft lautet die Fragestellung z.B.: „Welche Ansprüche stehen K (Käufer) gegen V (Verkäufer) zu?“ oder „Wie hat sich T (Täter) strafbar gemacht?“. Für die Lösung dieser Fragen darfst du den Gesetzestext benutzen – um den richtig anwenden zu können, benötigst du jedoch einiges an Hintergrundwissen.

6. Fazit

Das Ziel des Artikels ist trotz der vielen Informationen auf keinen Fall, dir vom Jurastudium abzuraten. Ich möchte dir vielmehr ein realistisches Bild von dem vermitteln, was auf dich zukommt. So kannst du dir genau überlegen, ob Jura die richtige Studienwahl für dich ist. Ein Spruch, der sich immer wieder in allen Lebenslagen bewahrheitet, ist: „Wo ein Wille, da ein Weg“. Wenn du dich belesen hast und immer noch für die Idee brennst, JuristIn zu werden, dann kann ich dir definitiv zu diesem Studium raten. Wer die Motivation und das nötige Interesse besitzt, kann mit Jura sehr glücklich werden und durchstarten.