Der größte Trugschluss im Studium

Oder: Wie Druck deine Leistung killt

Wir glauben an einen Trugschluss. Viele von uns so sehr, dass sie lieber im Burn-Out enden würden, als ihn zu hinterfragen. Der Gedankengang, von dem ich spreche, lässt sich in eine einfache Formel herunterbrechen: Mehr Stress/Druck = bessere Leistung.

Dass diese Rechnung nicht unbedingt aufgeht, habe ich, wie viele andere, schon selbst erfahren – und ertappe mich dennoch immer wieder dabei, selbst unglaublichen Druck auf mich auszuüben.

Jeder von uns kennt Sätze wie: “Ich kann nur unter Stress gut arbeiten.” 

Tatsächlich gibt es viele wissenschaftliche Studien, die den Zusammenhang von zu viel Druck und schlechten Leistungen beweisen. Eine davon hat meine Einstellung zu Leistungsdruck extrem verändert. 

Es handelt sich dabei um das Yerkes-Dodson-Gesetz. (Einen sehr ausführlichen Beitrag dazu habe ich beim Blog Motiviert Studiert gefunden). Vereinfacht gesagt, haben die Forscher entdeckt, dass Leistung mit zunehmendem Druck nicht immer besser wird, sondern ab einem bestimmten Punkt stetig wieder abnimmt. Die Idee ”Mehr Stress = mehr Leistung” ist also nur bis zu einem bestimmten Punkt wahr – ab dann bewirkt mehr Druck genau das Gegenteil: Nämlich weniger Leistung.

Unsere Aufgabe ist es also, die richtige Balance zu finden. Ein Mindset, das uns gerade so viel stresst, dass es uns anspornt, aber niemals zur Überforderung führt. 

Bei mir persönlich löst der Gedanke an eine Klausur noch keinen Stress aus. Erst wenn ich anfange, extreme Maßstäbe an mich zu setzen (“Das muss ein Prädikat werden”…), entsteht bei mir übermäßiger Druck. Ich weiß also, wie ich das umgehen kann: Statt meinen Fokus auf die Endnote zu setzen, probiere ich mich bestmöglich vorzubereiten. Sodass ich weiß, dass ich alles verstanden haben. Das gibt eine unheimliche Ruhe. Umgekehrt spornt es mich an, zu wissen, dass bald eine Klausur vor der Tür steht. Es motiviert mich, zu lernen und am Ball zu bleiben – ohne jedoch starken Druck auf mich auszuüben.

Falls du also merkst, dass du bereits an einem Punkt bist, an dem der Druck dich nicht mehr anspornt, sondern lähmt, unternimm etwas dagegen! Gönne dir eine Pause, hinterfrage die Ursachen für deinen Druck, mache etwas, das dir Spaß macht – bis du das Gefühl hast, dass der Druck sinkt.

Eine einzige Frage, die dir helfen wird, deine Ängste im Studium zu überwinden

Angst ist ein schlechter Ratgeber, das ist kein Geheimnis. Als ich mein Studium begann, überkam mich regelmäßig ein Anflug von Panik, der sich schnell zu einer ausgewachsenen Zukunftsangst entwickelte. Anfangs dachte ich noch, ich sei die Einzige mit solchen Befürchtungen: 

-Was ist, wenn ich nicht genug mache? -Was ist, wenn ich durch die Prüfung falle?  -Was ist, wenn ich mein Examen nicht bestehe?  -Was ist, wenn ich später keinen Job finde? 

Im Verlauf meines weiteren Studiums wurde mir allerdings klar, dass ich nicht allein war – viele meiner Freunde und KommilitonInnen machten sich die gleichen Sorgen. 

Ziemlich irrational, oder? 

Diese Befürchtungen kommen jedoch nicht von irgendwo her. Der rechtswissenschaftliche Studiengang ist in Deutschland so aufgebaut, dass alle Bemühungen und jahrelanges Studieren bei einem verpatzten Staatsexamen für die Katz waren. Das wissen wir JurastudentInnen – denn daran werden wir ab Beginn des Studiums ständig von ProfessorInnen und StudentInnen aus höheren Semestern erinnert. 

Es ist also nicht verwunderlich, dass viele Studierende, bei der Abgabe einer einfachen Hausarbeit oder spätestens mit Aufnahme der Examensvorbereitungen, in einen extremen Stress verfallen, der sich bei einigen zu starken Ängsten entwickelt. 

Irgendwann, ich schätze es war im dritten Semester, als mich gerade wieder einen Anschub von Zukunftsängsten beschlich, fragte ich mich jedoch: 

“Was ist das Schlimmste, das passieren kann?” 

Diese Frage (und insbesondere ihre Antwort) änderte vieles. Was ist denn das Schlimmste, das einem im Jurastudium passieren kann? 

-Durchzufallen in einer Klausur?  -Keine Top-Noten im Lieblingsfach zu schreiben?  -Das Staatsexamen nicht zu bestehen? 

Klar, diese Dinge sind alle wahnsinnig unangenehm, niederschmetternd oder zermürbend. Aber sie wären auch nicht das Ende der Welt. 

Was mir damals klar wurde, ist, dass ich nicht vorhersehen kann, was in der Zukunft geschieht. Es kann sein, dass ich jetzt “nicht richtig lerne” und mir das im Examen zum Verhängnis wird. Es kann auch sein, dass ein Schicksalsschlag geschieht, ich in schlechter Verfassung meine Prüfung antrete muss, etc. 

Aber es wäre nicht das Ende. 

Es gibt Zweitversuche, nicht nur für verpatzte Prüfungen während des Studiums, sondern auch für das Examen. Es gibt Berufe und Perspektiven außerhalb von Jura.  

Als mir das klar wurde, fiel ein riesiger Druck von mir ab. Ich stresse mich seitdem weniger wegen Noten – und erhalte auch ohne die ständige Anspannung Ergebnisse, mit denen ich zufrieden bin. Vor allem aber, gehe ich nicht mehr vom Hundertsten ins Tausendste und kann dadurch verhindern, in die Panik-Falle zu tappen. 

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Falls du das Gefühl hast, dass deine Ängste jedoch über ein erträgliches Maß hinausgehen, suche dir Hilfe. Sprich mit Freunden und Familienmitgliedern darüber oder mit einem Profi, wie einem Unipsychologen. Ein bisschen Druck gehört im Studium dazu – aber du solltest nicht darunter leiden.