Plötzlich Staatsanwältin: Was du lernst, wenn du an einem Moot Court teilnimmst

Ein Gastbeitrag von Friederike Krüger

Friederike hat in ihrem fünften Semester an einem deutschlandweiten Moot Court teilgenommen. In diesem Beitrag berichtet sie von ihren Erfahrungen.

„Du studierst Jura? Das ist doch so trocken, oder?“. Sätze wie dieser sind meist die ersten, die ich höre, wenn ich erzähle, dass ich Jura studiere. Das Studium hat den Ruf, trocken und nicht praxisbezogen zu sein.

Aus meiner Perspektive stimmt dieses Vorurteil überhaupt nicht. Denn wenn einem Jura Spaß macht, kommt es einem nicht trocken vor, sondern begeistert. Auch für den Praxisbezug gibt es immer mehr Angebote von Unis, diesen herzustellen. So zum Beispiel durch Moot Courts.

Was ist ein Moot Court?

Ein Moot Court ist ein Wettbewerb zwischen Universitäten, bei denen eine Gerichtsverhandlung simuliert werden soll. Ich selbst habe an einem Moot Court für Strafrecht teilgenommen. Dieser war so aufgebaut, dass jede Uni zwei StaatsanwältInnen und zwei AnwältInnen stellte, die jeweils gegen die gegnerischen Unis antraten, um einen Fall zu verhandeln.

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Nationaler Strafrechts Moot Court 2020

Von Freunden aus höheren Semestern hatte ich zuvor bereits von Moot Courts gehört und war von Anfang an von der Idee begeistert. Als dann der Aufruf kam, sich für das Greifswalder Team zu bewerben, musste ich nicht lange überlegen und habe mich, in der Hoffnung mehr über die praktische Arbeit vor Gericht zu erfahren und mit gleichgesinnten Leuten zusammenzuarbeiten, angemeldet. So kam es, dass ich am deutschlandweiten Strafrechts Moot Court 2020 teilnahm. Ursprünglich sollte dieser in Köln stattfinden. Aufgrund der aktuellen Lage musste er allerdings online abgehalten werden.

Schnell war auch das Greifswalder Team gefunden; bestehend aus fünf motivierten Studierenden aus dem dritten bis fünften Semestern. Betreut wurden wir von einem Strafrechtsprofessor und dessen Wissenschaftlichem Mitarbeiter.

Ich übernahm zusammen mit einer Freundin die Rollen der Staatsanwältinnen.

In Vorbereitung auf die Verhandlung befassten wir uns mit dem von der Uni Köln gestellten Fall, sowohl materiell- als auch prozessrechtlich. Bei der Vorbereitung bemerkten wir, dass an dem Satz „Zwei Juristen, drei Meinungen“ im Gegensatz zu dem „Jura ist trocken“ sogar einiges dran ist. Der Fall war so gestellt, dass man an vielen Stellen auf unterschiedlichste Art und Weise argumentieren konnte. Dieser Aspekt machte die Aufarbeitung besonders spannend, da StaatsanwältInnen und AnwältInnen gut lernten, gegeneinander zu argumentieren. In der weiteren Vorbereitung verfassten wir Plädoyers und probten unseren Vortrag.

Was habe ich gelernt?

Eine besondere Herausforderung war aus meiner Sicht, das Handwerkliche zu erlernen. Sprich, wie man ein Plädoyer schreibt, wie emotional oder sachlich das Auftreten vor Gericht sein sollte und auch zu erkennen, dass Staatsanwälte die neutralste Behörde sein sollten und deshalb persönliche Ansichten außen vor lassen sollten.

In einer letzen Generalprobe hielten wir unsere Plädoyers auch vor einigen Zuschauern – die uns wertvolle Tipps für unseren Auftritt gaben.

Der Wettbewerb fand schließlich im Januar 2021 statt – dank Corona musste er von 2020 ins Jahr 2021 verschoben werden. Die Jury bestand aus hochkarätigen JuristInnen, unter anderem drei Richtern des BHGs. Neben uns nahmen noch neun weitere Unis teil. Spannend war es zu sehen, wie unterschiedlich die anderen TeilnehmerInnen den Fall aufgearbeitet hatten.

Am Ende belegten wir den siebten Platz. Dies war nicht ganz die Platzierung, die wir uns erhofft hatten. Am Ende spielte es aber für mich keine so große Rolle, da die mitgenommenen Erfahrungen wesentlich überwogen.

Fazit

Ich würde jedem empfehlen, an einem Moot Court teilzunehmen.

Durch die Teilnahme habe ich noch einmal eine ganz neue Sicht auf das Fach bekommen und dadurch eine größere Motivation, mein Studium gut abzuschließen.

Ich habe nicht nur gelernt, an Probleme neu heranzugehen. Ich habe auch neue Strategien für den mündlichen Vortrag erarbeitet, welche sich in Hinsicht auf die mündliche Prüfung bestimmt als hilfreich erweisen werden.

Des weiteren ist der Moot Court eine tollte Möglichkeit, mit erfahrenen JuristInnen Kontakte zu knüpfen. Es bietet sich einem schließlich nicht oft die Gelegenheit, für RichterInnen des BGH ein Plädoyer zu halten oder mit ProfesorInnen der Uni so eng zusammen zu arbeiten.

Hätte ich die Möglichkeit, noch einmal an einem Moot Court teilzunehmen, würde ich dies sofort tun.

Wie ein juristisches Hobby dein Studium bereichert

Ich bin davon überzeugt, dass eine Aktivität neben deinem Studium, die etwas mit Jura zu tun hat, dich wirklich weiterbringen wird.

Vielleicht denkst du dir gerade: Das Studium ist doch schon zeitintensiv genug – wieso sollte ich mich noch in meiner Freizeit juristischen Themen widmen? 

Genau das habe ich mir in meinem ersten Semester auch gedacht. 

Dann habe ich bei einer “Model United Nations” Aktion teilgenommen – und seitdem kann ich mir mein Studium ohne Nebenaktivitäten nicht mehr vorstellen. Über die Jahre habe ich die verschiedensten juristischen „Hobbys“ ausprobiert – und habe folgendes dabei gelernt:

1.Neue Inhalte

Die Auswahl an juristischen Nebentätigkeiten ist groß. Je nachdem, wofür du dich interessierst und was deine Uni anbietet, kannst du dir etwas aussuchen. Klassische Angebote sind:

  • Moot Courts (simulierten Gerichtsverhandlungen)
  • Debattierclubs
  • Studentische Rechtsberatung
  • Model United Nations (simulierte Verhandlung der Vereinten Nationen)
  • Sprachkurse für JuristInnen
  • Auslandssemester
  • Mitwirkung an einer juristischen Zeitschrift
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2.Neue Leute 

Bei diesen Aktivitäten triffst du natürlich neue Leute und kommst ins Gespräch mit KommilitonInnen, die du sonst nur flüchtig aus dem Hörsaal kennst. Das ist nicht nur eine ideale Grundlage neue FreundInnen zu finden, sondern auch Leidensgenossen aus höheren Semestern, die den ein oder anderen Tipp für dich und dein Studium haben. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass viele der studentischen Vereine auch über ihre Veranstaltungen hinaus Kontakt pflegen und zusammen feiern gehen, Ausflüge machen, etc.

3.Neue Kontakte 

Neben den Teilnehmern an derartigen Veranstaltungen, die meistens StudentInnen sind, gibt es die LeiterInnen – und das sind nicht selten ProfessorInnen oder erfahrene AnwältInnen. Zu denen einen guten Draht zu haben, ist aus vielerlei Gründen vorteilhaft. Oft geben sie in Randbemerkungen wertvolle Tipps für Klausuren, oder Hinweise für Praktika und Nebenjobs.

4. Vorteile im Lebenslauf

Das Nebenaktivitäten bei Bewerbungen gut ankommen, habe ich inzwischen von mehreren ProfessorInnen und ArbeitgeberInnen gehört. Es ergibt ja auch Sinn: Denn ganz gute Noten haben viele Studierende – aber wer sich auch noch nach der Uni mit Jura beschäftigt zeigt, dass er/ sie Durchhaltevermögen hat und sich wirklich interessiert. Noch dazu stichst du natürlich unter anderen BewerberInnen hinaus, wenn du bereits Praxiserfahrungen sammeln konntest oder eine Fremdsprache beherrschst.

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5.Neue Erfahrungen 

Nicht zuletzt machen diese Nebenaktivitäten einfach Spaß und ermöglichen dir neue Einblicke, die du sonst vielleicht nicht bekommen hättest. Ich selbst war im Rahmen von Model United Nations in New York City, habe mir die Stadt angesehen, habe an einer Debatte mit Studierenden aus der ganzen Welt teilgenommen, war im Hauptquartier der Vereinten Nationen, – kurzum, ich hatte eine tolle Zeit.

Solche und andere eindrucksvolle Gelegenheiten gibt es für Jurastudierende vielfach, dennoch trauen sich viele nicht, sie wahrzunehmen. Dabei ist die Teilnahme oft leicht und weniger arbeitsintensiv als gedacht. Fast jede Uni in Deutschland bietet die genannten Aktivitäten für angehende JuristInnen an – alles was du tun musst, ist, zu den Kennlern-Treffen zu gehen

Das Beste an diesen Hobbys ist: Du kannst sie frei gestalten. Du kannst dir selbst überlegen, wie viel Zeit du dem Ganzen einräumst, wie intensiv du arbeitest und vor allem, was du machst.

Aus eigener Erfahrung weiß ich: Du erwirbst bei Nebenaktivitäten nicht nur beeindruckende Zertifikate, sondern ganz viel zusätzliches Wissen, ohne aktiv zu lernen. Das steigert die Motivation im Studium ungemein!

Ich hoffe, ich konnte mit diesem Beitrag ein wenig von meiner Begeisterung teilen. Vielleicht ziehst du es ja in Erwägung, selbst an einer derartigen Aktivität teilzunehmen – zum Glück ist so etwas nie verpflichtend. Du kannst also auch in die verschiedenen Bereiche reinschnuppern und ausprobieren, ob das etwas für dich ist.